Kategorie: Mobile Generation, Energieversorgung, Top-News
Von: Arno Kral
Stromspeicher aus Sand und Luft
Silizium-Luft-Batterie speichert etwa soviel Energie wie die Lithium-Luft-Batterie aber fünfmal mehr als die Lithium-Ionen-Batterie. Neuer Institutsbereich am Forschungszentrum Jülich erarbeitet Grundlagen für neue elektrochemische Energiespeicher und -wandler.

Prof. Rüdiger-A. Eichel, Direktor des Instituts für Energie- und Klimaforschung, Bereich Grundlagen der Elektrochemie (IEK-9). Quelle: Forschungszentrum Jülich
Jülich/München – Im November 2006 hatte der Autor als Mitglied der Technisch-literarischen Journalistenvereinigung TELI den Halbleiterhersteller Qimonda besucht um sich über dessen Fortschritte in der Flash-Speichertechnik zu informieren. Auf engstem Raum wurden dort superfeine, tief in den Silizium-Wafer hinab reichende Röhrchen mit aufgerauter Oberfläche geätzt mit den Ziel, möglichst viele Elektronen zu speichern. Denn digitale Bits der Datenverarbeiten finden in der Physik ihre Entsprechung in mehr oder minder großen elektrischen Ladungen, die eine vor- respektive nachgeschaltete Elektronik in die Nullen und Einsen umsetzt, mit denen Rechner rechnen und nichtflüchtige Speicher speichern. Um die Speicherdichte, also die Anzahl von Bits pro Fläche, zu erhöhen waren die Strukturen derart geschrumpft worden, dass Milliarden (Gigas) an solchen stromspeichernden Kanälchen auf der Größe eines Fingernagels untergebracht werden konnten.
Die Frage des Autoren, ob sich diese Technik nicht gleichermaßen zur Herstellung von wiederaufladbaren Batterien eigne, durfte der Entwicklungsleiter seinerzeit nicht antworten. Inzwischen gibt es Qimonda nicht mehr, die Idee der Speicherung elektrischer Energie in Silizium aber ist lebendiger denn je:
Silizium-Lift speichert fünfmal mehr als Lithium-Luft
In einem neu gegründeten Institutsbereich widmet sich das Forschungszentrum Jülich (FZJ) den Grundlagen für neue elektrochemische Energiespeicher und -wandler, und das mit gutem Grund: "Die Energiedichte von Silizium-Luft-Batterien ist mit über 1000 Wh/kg mehr als fünfmal höher als die von gegenwärtigen Lithium-Ionen-Batterien", vermeldete das FZJ in einer Pressemitteilung. Das Speicherpotenzial sei so mit dem von Lithium-Luft-Batterien vergleichbar (zurzeit ebenfalls in Entwicklung). Anders Li-Luft- bestünden Silizium-Luft-Batterien jedoch aus umweltverträglichen, ungiftigen Komponenten und versprächen nach derzeitigem Wissensstand eine Lebensdauer von Tausenden von Stunden. Selbst Nässe und Temperaturschwankungen könnten ihnen kaum etwas anhaben, wohingegen Lithium-Batterien auf das Eindringen von Wasser oder Luftfeuchtigkeit explosiv reagieren würden. Zudem sei ist Silizium – anders als Lithium – praktisch in unbegrenzter Menge verfügbar. Es zählt zu den am häufigsten vorkommenden Elementen auf der Erde und wird aus Sand gewonnen. So wären auch Speicher mit großer Kapazität problemlos und kostengünstig realisieren, ohne auf knappe Ressourcen Rücksicht (Stichwort: Seltene Erden) nehmen zu müssen.
Luftsauerstoff als Kathode
Bei der Silizium-Luft-Batterie ist nur die Anode als Feststoff ausgelegt. Anstelle der Kathode besitzt sie eine luftdurchlässige Membran, durch die der gasförmige Reaktionspartner, Luftsauerstoff, in die Zelle gelangt. Einen Prototypen hatte 2009 erstmals die Gruppe von Prof. Yair Ein-Eli am Technion im israelischen Haifa vorgestellt. Derzeit würden Silizium-Luft-Batterien in Hörgeräten erprobt; danach soll der Einsatz in anderen Kleingeräten folgen. Langfristig sei auch die Anpassung für leistungsstärkere Anwendungen wie Elektroautos geplant.
"Problematisch bei diesem Typ Batterie sind allerdings noch bisher unverstandene elektrochemische Reaktionen, die zu einem verfrühten Abbruch der Batterieentladung führen. Hier wollen wir ansetzen und mit neuartigen spektroskopischen Methoden zunächst die grundlegenden Mechanismen aufklären, die zur Batteriedegradation führen, um anschließend verbesserte Materialien entwickeln zu können", berichtet Prof. Rüdiger-A. Eichel. Der studierte Physiker befasst sich seit seiner Habilitation an der TU Darmstadt mit neuartigen Materialien der Energiewandlung und -speicherung und ist seit dem 1. Oktober 2012 Direktor des neuen Jülicher Institutsbereich "Grundlagen der Elektrochemie" des Instituts für Energie- und Klimaforschung (IEK-9).
"Die Gründung des Institutsbereichs zu den Grundlagen der Elektrochemie ist Teil unserer verstärkten Aktivitäten im Bereich der Energieforschung, speziell in der Erforschung und Entwicklung neuer Werkstoffe als Grundlage für neue Energiespeicher und -wandler", erläutert Prof. Harald Bolt, Mitglied des Vorstands des Forschungszentrums Jülich. "Durch diese Forschung zur Energiespeicherung schaffen wir eine der wichtigsten Voraussetzungen für den erfolgreichen Umbau zu einem nachhaltigen Energiesystem."
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