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Biologie

Futter nur gegen Passwort

Vogeljunge bekommen nur mit richtigem Passwort Futter

Männlicher und weiblicher Prachtstaffelschwanz (Malurus cyaneus) © benjamint444/CC-by-sa 3.0

Australische Vogelmütter haben eine effektive Strategie entwickelt, um nicht versehentlich Kuckuckskinder in ihren Nestern mit durchzufüttern: Sie bringen ihrem eigenen Nachwuchs noch vor dem Schlüpfen eine Art Passwort bei – einen ganz bestimmten, einzigartigen Ton. Diesen müssen die Kleinen später in ihre Bettelgesänge einbauen, wenn sie Futter von ihren Müttern haben wollen, hat ein internationales Biologenteam jetzt beobachtet. Auch den Vätern und anderen Artgenossen, die sich um die Nestlinge kümmern, verraten die Vogelweibchen das Passwort. So bleiben die zu den Staffelschwänzen gehörenden Singvögeln den parasitischen Kuckucken immer eine Schnabellänge voraus, schreiben Diane Colombelli-Négrel von der Flinders University im australischen Adelaide und ihre Kollegen im Fachmagazin „Current Biology“.

Eigener oder fremder Nachwuchs

Die Gefahr, plötzlich ein Kuckucksküken im Nest zu finden, ist in der Heimat der Prachtstaffelschwänze im Süden Australiens relativ groß, berichten die Forscher. Für viele Vögel ist es zudem schwierig, die fremden Küken von den eigenen zu unterscheiden. Prachtstaffelschwänze scheinen dieses Problem eher weniger zu haben – ist ein Kuckuck im Nest, geben sie es nahezu immer auf und starten einen neuen Brutversucht. Wie die Vögel dabei vorgehen, entdeckte das Team eher zufällig: Die Biologen beobachteten, dass werdende Staffelschwanzmütter ihren Eiern immer wieder das gleiche Lied vorsangen – ein sehr ungewöhnliches Verhalten, denn Vögel singen im Allgemeinen nur, wenn Artgenossen anwesend sind oder sie sich bedroht fühlen. Sobald die Küken schlüpften, war es zudem vorbei mit diesen „Brut-Rufen“, wie die Forscher die Gesänge tauften.

Um zu schauen, was hinter diesem Verhalten steckte, verglichen die Wissenschaftler die späteren Bettelgesänge der Kleinen mit den Brut-Rufen ihrer Mütter. Resultat: Besonders ein Element der mütterlichen Rufe tauchte beim Betteln immer wieder auf. Es handelte sich um einen speziellen Ton, der sich von Nest zu Nest unterschied, berichten die Wissenschaftler. Doch ist dieses Wissen den Kleinen angeboren oder müssen sie es lernen? Um das zu testen, vertauschten die Forscher die Eier aus zwei Nestern und beobachteten anschließend, ob der Bettel-Ton eher dem Brut-Ruf der Pflegemutter oder dem der biologischen Mutter entsprach. Die Auswertung zeigte: Die größere Ähnlichkeit gab es zu den Pflegemüttern – und damit werde der Ton eindeutig erlernt, resümieren die Forscher.

Futter nur bei richtigem Passwort

Der Signalton scheint für die Vogeleltern essenziell für das Erkennen des eigenen Nachwuchses zu sein, zeigte ein weiterer Test mit einem Lautsprecher. Darüber spielten Biologen den Vogelmüttern einen fremden Ruf vor. Ergebnis: Die erwachsenen Tiere reagierten nicht oder mit Ablehnung auf das vermeintlich falsche Betteln. Daraus lasse sich schließen, dass der Ton eine Passwortfunktion hat und für jede Vogelfamilie anders beschaffen sei, sagt das Team.

Die Frage, die sich laut den Forschern nun stellt, ist, warum Kuckuckskinder nicht ebenfalls das Passwort erlernen und somit eine Versorgung durch die Prachtstaffelschwänze sicherstellen – schließlich werden sie ebenfalls bereits vor dem Schlüpfen von ihren Eltern im Nest platziert. Vermutlich hänge das damit zusammen, dass ein Kuckucksei nicht ganz so lange im Nest liege wie ein eigenes Ei und der Embryo damit weniger Gelegenheit habe, die Brut-Rufe zu verinnerlichen, spekulieren sie. Da zwischen Kuckucken und ihren Wirten jedoch eine Art Wettrüsten stattfinde, sei es möglicherweise nur eine Frage der Zeit, bis die parasitischen Kuckuckskinder ebenfalls die Passwörter lernen – und sich die Prachtschwänze etwas Neues einfallen lassen müssen, um nicht betrogen zu werden (doi: 10.1016/j.cub.2012.09.025).

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(Current Biology, 09.11.2012 – IRE)

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